Zuletzt aktualisiert am 28. November 2022 um 13:42
Schutz der Tierwelt im Interesse der Menschen
Wie wichtig der Schutz aller Lebewesen für den Menschen ist, zeigt die am 5. Februar veröffentlichte Studie eines Forscherteams an der Michigan State University. Die Lyme-Borreliose gehört in Deutschland und in den USA zu den schlimmsten Infektionen. In den Vereinten Staaten erkranken jedes Jahr über 300.000 Menschen an den Borrelien, die von Zecken übertragen werden.
Die dafür verantwortliche schwarzbeinige Zecke, auch als Hirschzecke bekannt, ist im ganzen Land verbreitet. In Deutschland dagegen ist der gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) der häufigste Überträger. Schwarzbeinige Zecken tragen die korkenzieherförmigen Bakterien herum, die für die Lyme-Borreliose verantwortlich sind. Sie nehmen diese Krankheitserreger auf, wenn sie das Blut von infizierten Tieren saugen, meist Mäuse, Eidechsen und Hirsche.
Wenn die Zecken eine Person befallen und sich in die Haut hineinbohren, hinterlassen sie die Bakterien. Interessanterweise beeinflussen die Wirte, ob die Zecken die Borrelien auf den Menschen übertragen können. Zecken, die sich die Bakterien bei Reptilien eingefangen haben, können Menschen kaum krank machen.
Wissenschaftler an der Michigan State University wurden vor über zwei Jahren stutzig, weil es im Nordosten der USA weit mehr Fälle von Lyme-Borreliose gibt als im übrigen Land. Die Nord-Süd-Kluft in Lyme-Fällen ist durch eine Linie scharf abgegrenzt, die sich zwischen Virginia und North Carolina entlang zieht.
Die Forscher vermuteten, dass diese Unterschiede bei den Fallzahlen auf Zecken zurückzuführen sind, die sich von verschiedenen Wirten in den beiden Regionen ernähren.
Um diese Theorie zu testen, leitete die Krankheitsökologin Jean Tsao ein Team von Kollegen über einen Zeitraum von zwei Jahren hinweg. Sie führten an 8 verschiedenen Standorten in den USA umfassende Untersuchungen an den Zecken durch. Unter anderem erfassten sie die Häufigkeit, das Verhalten und die Wirte der Zecken.
Dabei fanden sie eine klare Verbindung zwischen den bevorzugten Wirten und dem Verhalten der Zecken südlich von Virginia. Die beobachtete Grenze entsprach genau dem Muster der Fallzahlen von Lymbe-Borreliose. Das Ergebnis der Anfang Februar veröffentlichten Studie: Dieser starke Unterschied scheint insbesondere an einen Wirt gebunden zu sein.
Im Nordosten klammern sich schwarzbeinige Zecken bevorzugt an kleine Säugetiere wie die Weißfußmaus an. Sie sind bekannt dafür, die Bakterien der Lyme-Borreliose auf Käfer zu übertragen.
Aber im Süden ernähren sich die Zecken lieber von Eidechsen, insbesondere von Glattechsen, auch Skinke genannt. Diese von glatten Schuppen bedeckten Reptilien leben oft in Blättern und Zweigen, die auf den Boden gefallen sind – sogenannte Laubstreu. Skinke haben sich als besonders schlechte Überträger der Lyme-Krankheitserreger erwiesen. Deshalb erkranken im Süden der USA weniger Menschen an Lyme-Borreliose.
In einer früheren Studie hatten Tsao und ihre Kollegen bereits beobachtet, dass nordöstliche und südöstliche Zecken auf unterschiedliche Weise nach Wirten suchen. Im Süden blieben die Käfer unter der Waldstreu, um eine Austrocknung durch die Hitze zu vermeiden. Nördliche Zecken dagegen klettern häufig auf Blätter und Zweige. Deshalb kommen sie öfter in Kontakt mit Menschen. Dieses Verhalten, kombiniert mit weniger Eidechsen, mache Zecken im Nordosten zu einem „Doppelschlag“, so Tsao.
In dieser Beziehung kann der Klimawandel in Zukunft vielleicht positive Folgen haben. Beobachtungen zeigen bereits, dass nordöstliche Zecken ihre Reichweite verringert haben. Gleichzeitig spekulieren die Forscher, dass ein sich erwärmendes Klima das Verhalten von Zecken und das Vorkommen bestimmter Wirte wie Reptilien verändern könnte. Das würde auch das Muster der Inzidenz von Lyme-Borreliose beeinflussen.
Quelle:
Ginsberg HS, Hickling GJ, Burke RL, Ogden NH, Beati L, LeBrun RA, et al. (2021) Why Lyme disease is common in the northern US, but rare in the south: The roles of host choice, host-seeking behavior, and tick density. PLoS Biol 19(1): e3001066. doi:10.1371/journal.pbio.3001066 (https://journals.plos.org/plosbiology/article?id=10.1371/journal.pbio.3001066)