Zuletzt aktualisiert am 22. Januar 2023 um 18:04
Ergebnisse stützen Hygeinehypothese
Die neue Studie wurde Ende Mai bei der Digestive Disease Week in San Diego vorgestellt. Sie konzentrierte sich bei den Symptomen auf eine erhöhte Durchlässigkeit des Darms, ein frühes Anzeichen für die Entwicklung von Morbus Crohn.
Experten schätzen, dass in Deutschland mindestens 200.000 Menschen von dieser chronischen Darmerkrankung betroffen sind. Eine Entzündung des Verdauungstrakts führt dabei zu Bauchschmerzen, Gewichtsverlust, Müdigkeit und Durchfall.
„Unsere Studie scheint andere zu ergänzen, die die ‚Hygienehypothese‘ untersucht haben“, sagte Dr. Williams Turpin, der leitende Autor der Studie und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Mount Sinai Hospital und der University of Toronto. Die Hygienehypothese besagt, dass der Mangel an Kontakt mit Mikroben in jungen Jahren zu einer fehlenden Immunregulation gegenüber Umweltmikroben führen kann.
Genetik spielt kausale Rolle
Seit einiger Zeit ist bekannt, dass die Genetik eine kausale Rolle bei Morbus Crohn spielt. Familienmitglieder von Patienten mit Morbus Crohn haben ein erhöhtes Risiko, ebenfalls daran zu leiden. Neben der genetischen Veranlagung beeinflussen aber auch Umweltfaktoren das Risiko für Morbus Crohn.
Frühere Studien haben gezeigt, dass die Ernährung, der Kontakt mit Haustieren und die hygienischen Bedingungen im frühen Leben das Risiko für Morbus Crohn beeinflussen können. Bisher wurde jedoch noch nicht untersucht, welches Alter für diese Umweltfaktoren wichtig ist.
In der vorliegenden Studie untersuchten die Forscher den Zusammenhang zwischen umweltbedingten Risikofaktoren während verschiedener Zeiträume und dem Auftreten von Morbus Crohn.
Frühe Biomarker für Morbus Crohn verwendet
Leichte Entzündungen des Verdauungstrakts, erhöhte Durchlässigkeit der Darmwand und Veränderungen in der Zusammensetzung des Darmmikrobioms sind frühe Biomarker für Morbus Crohn. Um den Einfluss der Umwelt auf das Risiko für eine Erkrankung mit Morbus Crohn genau zu verstehen, bewerteten die Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen diesen Biomarkern und den Umweltfaktoren.
Die neue Studie umfasste Daten von 4.289 gesunden Verwandten ersten Grades von Patienten mit Morbus Crohn, die am Projekt Crohn’s and Colitis Canada Genetic, Environmental, Microbial (CCC-GEM) teilnahmen. Diese globale Studie hat das Ziel, mögliche Auslöser von Morbus Crohn zu entdecken.
Zahl der Badezimmer abgefragt
Insgesamt wurden acht umweltbedingte Risikofaktoren in den Fragebogen aufgenommen, den die gesunden Teilnehmer bei der Registrierung für die Studie erhielten. Die Exposition gegenüber diesen Risikofaktoren wurde im ersten Lebensjahr sowie im Alter zwischen 2 – 4 und 5 – 15 Jahren bewertet.
Bei der Bewertung klärten die Forscher unter anderem, wie groß die Familie war, ob die Personen auf einem Bauernhof lebten oder unpasteurisierte Milch konsumierten. Die Anzahl der Badezimmer wurde ebenso abgefragt wie das Haustier, das mit der Familie lebte.
Bei der Registrierung der Studienteilnehmer nahmen die Wissenschaftler auch die Werte der Biomarker für Morbus Crohn auf. Nach einer Nachbeobachtungszeit von etwa fünfeinhalb Jahren erkrankten 86 Teilnehmer an Morbus Crohn.
Hunde schützen, Katzen nicht
Interessanterweise kann ein Hund, aber nicht eine Katze, vor Morbus Crohn schützen. Die Forscher fanden heraus, dass Teilnehmer, die Alter zwischen 2 und 4 Jahren mit einem Hund lebten, ein geringeres Morbus-Crohn-Risiko hatten.
„Wir haben bei Katzen nicht die gleichen Ergebnisse gesehen, obwohl wir immer noch versuchen, herauszufinden, warum. Dies könnte möglicherweise daran liegen, dass Hundebesitzer häufiger mit ihren Haustieren nach draußen gehen oder in Gebieten mit mehr Grünflächen leben“, sagte Dr. Turpin.
Gesunde Darmwand dank Hund?
Das Leben mit einem Hund in jedem Alter war auch mit einer gesunden Darmwand verbunden. Zudem zeigten Hundebesitzer Unterschiede in der Zusammensetzung des Darmmikrobioms im Vergleich zu denen, die keinen Hund besaßen. Diese Assoziationen mit den Biomarkern von Morbus Crohn geben einen Einblick in die potenziellen Mechanismen, durch die der Besitz eines Hundes vor Morbus Crohn schützen kann.
Personen, die im ersten Jahr ihres Lebens in einer großen Familie mit mehr als 3 Mitgliedern aufgewachsen sind, hatten ebenfalls ein geringeres Risiko, an Morbus Crohn zu erkranken. Darüber hinaus war das Leben in einer größeren Familie mit Veränderungen der Zusammensetzung des Darmmikrobioms im späteren Leben verbunden.
Bessere Schulung des Immunsystems
Dr. Turpin: „Eine große Familie zu haben oder in jungen Jahren einen Hund zu besitzen, kann die Exposition gegenüber Mikroben erhöhen und somit das Immunsystem besser schulen, was später im Leben zu einer viel größeren Toleranz gegenüber nützlichen Bakterien führt.“
Allerdings kann diese Studie nur Hinweise geben. Die Verwendung eines Fragebogens für die Bewertung von Riskofaktoren ist immer mit Verzerrungen verbunden. Dennoch ist die neue Studie von Nutzen. Sie identifiziert neue Ziele für künftige Untersuchungen, die das Krankheitsrisiko für Morbus Crohn verringern können.
Quelle:
Digestive Disease Week. „Living with dogs (but not cats) as a toddler might protect against Crohn’s disease: New study suggests that growing up with a large family can also lower risk of inflammatory bowel disease.“ ScienceDaily. ScienceDaily, 24 May 2022. (https://www.sciencedaily.com/releases/2022/05/220524124541.htm)