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Den Viren im Darm auf der Spur

Geschrieben von:

Kornelia C. Rebel

Medizinisch überprüft von:

Saskia Bauhausen

Inhaltsüberblick

Zuletzt aktualisiert am 24. November 2022 um 16:35

Entdecktes LoVEphage kodiert virale Elemente

Die menschliche Darmmikrobiota umfasst Bakterien, Pilze und Viren. Diese Bestandteile der Darmflora spielen eine wichtige Rolle für die menschliche Gesundheit. Zahlreiche Erkrankungen, darunter Fettleibigkeit, Diabetes, Krebs, Krebs, entzündliche Darmerkrankungen und neurologische Erkrankungen, werden mit einem Ungleichgewicht zwischen Darmbakterien in Verbindung gebracht.

Fest steht inzwischen, dass alle Mikroorganismen im Darm komplexe Wirkmechanismen im menschlichen Körper orchestrieren. Allerdings wissen Forscher viel weniger über die Darmviren als über die Darmbakterien, die im menschlichen Darm leben. Sie werden auch als Darm-Virobiota bezeichnet. Eine kürzlich in mSystems erschienene Studie widmet sich diesem Thema. Diese Fachzeitschrift wird von der American Society for Microbiology betrieben.

Für die neue Studie untersuchte und identifizierte ein Team internationaler Wissenschaftler unter belgischer Leitung zahlreiche virale Genome, die im Menschen vorkommen. Die meisten Viren im menschlichen Darm werden Bakteriophagen oder Phagen genannt. Diese Viren benötigen in der Regel einen bakteriellen Wirt, um sich zu vermehren.

Wissenschaftler haben diesen engen Zusammenhang zwischen Bakterien und Viren bereits mit zahlreichen Krankheiten in Verbindung gebracht, beispielsweise Lebererkrankungen und einigen Krebsarten.

„Deshalb ist es wichtig, die Virobiota und ihre kollektiven Genome, die als Virom bezeichnet werden, besser zu beleuchten, da dies den Weg ebnen wird, die komplexen Wechselwirkungen innerhalb der Darmmikrobiota und ihre Wirkung auf den menschlichen Wirt zu entwirren“, so die Autoren dieser Studie.

Das Studium des Darmviroms ist keine leichte Aufgabe. Phagen scheinen bei jedem Individuum ziemlich unterschiedlich und etwas einzigartig zu sein, so der Hauptforscher der Studie, Dr. Jelle Matthijnssens, Professor am Labor für Virale Metagenomik an der Katholischen Universität Leuven in Belgien.

Die Individualität von Darmviren scheint von geografischer Herkunft, Alter, Ernährung und Gesundheitszustand beeinflusst zu werden. Da die Forschung über das Darmvirom noch in den Kinderschuhen steckt, müssen die Wissenschaftler die meisten dieser Phagen noch identifizieren und klassifizieren.

Für die aktuelle Studie analysierten die Forscher 254 Stuhlproben von 204 dänischen Teilnehmern, darunter Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 18 Jahren und Erwachsene im Alter von 40 bis 73 Jahren. Das Studienteam verwendete das Protokoll Novel Enrichment Technique of Viromes, um die Stuhlproben zu reinigen und ihre Genome zu sequenzieren.

Aus diesen Daten entwickelten die Forscher den dänischen Enteric Virome Catalog (DEVoC). Laut Auskunft der Autoren ist DEVoC „der größte Human-Darmvirom-Katalog, der aus konsequent verarbeiteten Stuhlproben generiert wird“.

Während die meisten Genome der Phagen für Individuen einzigartig waren, waren 39 bei mehr als 10 gesunden Teilnehmern vorhanden. Drei der 39 häufigsten Genome schienen mit dem Alter assoziiert zu sein.

Das Team verglich anschließend die Studienergebnisse mit globalen Viromdaten. Zwei der 39 Phagengenome – crAss-like Phagen und LoVEphage – zeigten mit 20,6% und 14,4% weltweit eine bemerkenswert hohe Prävalenz.

Die Forscher identifizierten einen Darmvirus als crAss-ähnlichen Phagen, der zur Unterfamilie AlphacrAssvirinae gehört. Dazu zählen auch die Herpes-simplex-Viren 1 und 2. Der andere Darmvirus war ein zuvor noch nie beschriebener Phagen. Er bekam den Namen LoVEphage, weil er viele virale Elemente kodiert. Das bedeutet, er liefert Informationen für Gene.

Professor Matthijnssens betonte, dass die Entdeckung dieses neuartigen Phagen interessante Fragen in Bezug auf seine Rolle in der menschlichen Darmmikrobiota eröffne. Wichtig sei jetzt, seine potenziellen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und Krankheit zu untersuchen.

Er betonte: „Die überwiegende Mehrheit der Gene, die von diesen neuartigen Phagen kodiert werden, haben unbekannte Funktionen, was es schwer vorherzusagen macht, wie sie ihren bakteriellen Wirt und den menschlichen Wirt beeinflussen könnten.“

Die neue Studie bekräftigt, wie komplex das Thema Phagenvirum ist. Das bedeutet jedoch auch, dass es hier unter anderem auf dem Gebiet der molekularen Medizin und der Zellbiologie viel zu entdecken gibt.

In Bezug auf die zukünftige Forschung erklärte Professor Matthijnssens, dass „es sehr interessant wäre, menschliche Stuhlproben auf das Vorhandensein dieses Phagen sowie seiner genetischen Verwandten zu untersuchen und ihre Interaktionen mit ihrem bakteriellen Wirt weiter zu charakterisieren.“

Quelle:

Van Espen L, Bak EG, Beller L, Close L, Deboutte W, Juel HB, Nielsen T, Sinar D, De Coninck L, Frithioff-Bøjsøe C, Fonvig CE, Jacobsen S, Kjærgaard M, Thiele M, Fullam A, Kuhn M, Holm JC, Bork P, Krag A, Hansen T, Arumugam M, Matthijnssens J. A Previously Undescribed Highly Prevalent Phage Identified in a Danish Enteric Virome Catalog. mSystems. 2021 Oct 26;6(5):e0038221. doi: 10.1128/mSystems.00382-21. Epub 2021 Oct 19. PMID: 34665009; PMCID: PMC8525569. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34665009/)

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