Zuletzt aktualisiert am 12. Juni 2019 um 15:07
In der modernen Gesellschaft gibt es verschiedene Möglichkeiten, das Neugeborene zu ernähren. Neben dem Stillen gibt es viele Produkte, die die Muttermilch ersetzen sollen und dem Baby dennoch die notwendigen Nährstoffe zukommen lassen. Das Stillen ist aber viel mehr, als nur die Ernährung des Kindes, es ist ein Prozess, der in vielerlei Hinsicht Einfluss auf die Mutter und das Kind nimmt.
Die Muttermilch ist die perfekte Nahrung
Durch das Stillen bekommt Ihr Baby alle wichtigen Nährstoffe, die der Körper benötigt. Es ist unmöglich, all die Bestandteile der Muttermilch nachzubauen und dem Kind künstlich zuzuführen. Aus was besteht die Muttermilch?
- Zu 90% besteht die Muttermilch aus Wasser. Dies versorgt das Baby mit ausreichender Menge Flüssigkeit und schützt vor Dehydrierung.
- Über 1000 verschiedene Proteine schützen das Gehirn, fördern das Wachstum und stärken das Immunsystem
- Aminosäuren wie Tryptophan, die unter anderem schlaffördernd wirken
- Verschiedenste Enzyme, die den Grundstein einer gesunden Verdauung bilden und an der Bildung des Immunsystems beteiligt sind
- Präbiotika, die für eine gesunde Entwicklung der Darmflora und damit für ein starkes Immunsystem sorgen
- Antikörper (Immunglobuline), die dem Kind eine Grundimmunisierung sichern und eine natürliche Abwehr gegen verschiedenste Erkrankungen bilden
- Hormone aus der Muttermilch regulieren den viszeralen Sinn (Gefühl für Hunger und Durst) und unterstützen einen natürlichen Schlafrhythmus
- Fettsäuren für den Aufbau eines gesunden Nervensystems, z. B. Omega-3-Fettsäuren
- Verschiedenste Vitamine und Spurenelemente, die an allen Stoffwechselvorgängen beteiligt sind (z.B. Magnesium, Calcium, Natrium, Eisen, Kalium, Jod, Selen, Phosphor, Vitamine A, B1-3, B6, C, E)
Ebenso passt sich die Produktion der Muttermilch den Bedürfnissen des Kindes an. Am Abend sind beispielweise mehr schlaffördernde Hormone und Aminosäuren in der Milch vorhanden, auch die Menge der Muttermilch passt sich in den meisten Fällen dem Bedarf an. Die Muttermilch hat immer eine perfekte Temperatur, ist zu jeder Zeit verfügbar und passt sich ebenso im Laufe der Zeit den Entwicklungsstadien des Kindes an.
Es ist bis jetzt nicht möglich, alle Bestandteile der Muttermilch exakt zu bestimmen. Auszugehen ist von einer individuellen und sich verändernden Zusammensetzung, welche von verschiedenen Faktoren abhängig ist.
Bekannt sind drei Stadien der Muttermilch:
- Kolostrum (1.-3. Tag)
- Übergangsmilch (4.-14. Tag)
- Reife Muttermilch (ab dem 15. Tag)
Prozess des Stillens ist gesundheitsfördernd
Auch wenn die Muttermilch abgepumpt und dem Baby aus einem Fläschchen gegeben werden kann, ist der Prozess des Stillens von einer hohen Bedeutung. Wenn das Baby gefüttert wird, ist der Körperkontakt, die Nähe, die Wärme und die Geborgenheit ein Grundbaustein für das Urvertrauen des Kindes. Die Bildung wird mit jedem Kontakt gestärkt.
Liebevolle Berührungen, Wärme und Schutz sind für die Produktion des Hormons Oxytocin verantwortlich. Das „Bindungshormon“ fördert die Entwicklung des Kindes, stabilisiert das Immunsystem und unterstützt Denk- und Lernprozesse, die auch im jüngsten Alter bereits stattfinden. Ebenso ist Oxytocin förderlich für die Rückbildung der Gebärmutter und unterstützt Heilungsprozesse nach der Geburt.
Das Saugen an der Brust ist komplexer, als an der weichen Babyflasche. Dadurch wird die Entwicklung der Kiefermuskulatur und des Sprachapparates angeregt. Kinder, die gestillt werden, lernen im Durchschnitt schneller sprechen und haben seltener Sprachfehler.
Stillen als Prävention für Autoimmunerkrankungen
Es werden einige Zusammenhänge zwischen dem Stillen und Autoimmunerkrankungen festgestellt. Dies gilt nicht nur für das Kind, sondern auch für die stillende Mutter. Dies liegt daran, dass sich aufgrund der Nährstoffe und der Antikörper aus der Muttermilch das Immunsystem des Kindes besser ausprägen kann. Zudem liefert die Muttermilch Präbiotika, die für eine frühzeitige Bildung der Darmflora wichtig sind.
Stillen beugt Rheumatoide Arthritis vor
Eine Langzeitstudie zwischen 1976 und 2000 im Frauen-Krankenhaus in Boston zeigte, dass Frauen, die ihre Babys gestillt haben, seltener an rheumatoider Arthritis leiden. Dabei spielt die Länge des Stillens eine Rolle: Der positive Effekt zeigte sich vor allem bei Frauen, die ihre Kinder ein Jahr oder länger gestillt haben.
Muttermilch reduziert die Wahrscheinlichkeit von multipler Sklerose
Im Durchschnitt erkranken Menschen, die gestillt wurden, seltener an der Autoimmunerkrankung multiple Sklerose. Ebenso leiden Mütter seltener an dieser Erkrankung, wenn sie ihre Babys gestillt haben. Auch hier spielt die Zeit eine Rolle. Vor allem beim Langzeitstillen zeigt sich der schützende Effekt bei Mutter und Kind. Außerdem kann das Stillen trotz multipler Sklerose den nächsten Schub hinauszögern.
Autoimmunerkrankungen des Magen-Darm-Traktes und Stillen
Kinder, die gestillt wurden, haben einen stabileren Magen-Darm-Trakt und erkranken seltener an Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa. Einen präventiven Effekt zeigt das Stillen in Bezug auf chronisch-entzündliche Darmerkrankungen bereits nach wenigen Stillwochen, allerdings ist auch bei dieser Erkrankung der größte Schutz ab einer Stillzeit von 12 Monaten gegeben.
Stillen beugt weitere gesundheitliche Probleme vor
- Frauen, die ihre Kinder stillen, leiden im Durchschnitt seltener an Brustkrebs
- Kinder, die gestillt wurden, sind seltener übergewichtig
- Stillen reduziert das Risiko, eine Allergie im Laufe des Lebens zu entwickeln
- Kinder, die gestillt wurden, leiden seltener an ADHS
Wie lange soll man stillen?
Es ist eine sehr individuelle Frage, zu der es unterschiedlichste Meinungen gibt. In den ersten sechs Monaten erhält das Baby alle essenziellen Stoffe aus der Muttermilch, das Stillen bildet die Hauptquelle der Nahrung für das Kind. Die ersten sechs Monate sind dabei die wichtigsten, es wird geraten, im ersten halben Lebensjahr komplett zu stillen. Das Baby erhält den vollen Schutz und eine stabile Immunisierung durch die Muttermilch.
Das Abstillen sollte erst nach dem sechsten Monat erfolgen, auch Langzeitstillen ist möglich. Wichtig ist es, dass Sie und das Baby sich dabei wohl fühlen. Ab der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres kann das Stillen eine Ergänzung zu der Ernährung bilden. Die gemeinsamen Momente und der Körperkontakt bleiben bestehen und das Bindungshormon Oxytocin ist weiterhin förderlich für die Entwicklung.
Wann Sie abstillen, entscheiden Sie am besten nach Bauchgefühl. Auch Kinder mit einem Jahr oder älter können gestillt werden. Einige Kinder lehnen ab einem gewissen Alter die Brust ab und sollten auch nicht dazu gezwungen werden. Es ist eine natürliche Reaktion des Körpers, die bei jedem Kind unterschiedlich ausgeprägt ist.
Einige Frauen empfinden das Stillen früher oder später als belastend, aufwändig und fühlen sich eingeschränkt. Auch das ist ein guter Zeitpunkt, um aufzuhören. Die Entscheidung, das Kind nicht mehr zu stillen, liegt allein bei der Mutter. Im Durchschnitt werden die meisten Kinder zwischen dem ersten und dem zweiten Lebensjahr abgestillt.
Weitere Gründe für das Abstillen:
- Erneute Schwangerschaft
- Schmerzen in der Brust
- Gefühl der Überlastung
- Erkrankungen oder Medikamente
- Die Milchproduktion wird vom Körper eingestellt
Fazit – Stillen mit der Muttermilch ist wichtig für Mutter und Kind
Durch das Stillen entsteht nicht nur eine enge Bindung zwischen Mutter und Kind; es ist zudem wichtig, um dem Kind alle Nährstoffe zu liefern, die es für das Wachstum und für die Etablierung eines gesunden Immunsystems braucht. Die Muttermilch ist perfekt auf die Bedürfnisse des Kindes abgestimmt und lässt sich nicht durch Kuhmilch oder „künstliche Nachbauten“ aus z.B. Sojamilch ersetzen.
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