Zuletzt aktualisiert am 19. März 2020 um 21:06
Die meisten Fälle von Hashimoto sind in Deutschland fehldiagnostiziert, was fatal ist: etwa vier bis acht Millionen Menschen leiden an dieser Autoimmunerkrankung der Schilddrüse1-3. Hashimoto kann aber relativ schnell diagnostiziert werden, wenn man weiß, wonach zu suchen ist.
Leiden auch Sie an ein paar für Hashimoto Thyreoiditis charakteristischen Symptomen? Hier finden Sie einen Aktionsplan für die Diagnose beim Arzt. Erfahren Sie mehr über Hashimoto und wie eine Diagnose gestellt werden kann.
Was ist Hashimoto Thyreoiditis?
Um sicher zu gehen, dass wir alle im selben Boot sitzen und alle dasselbe Wissen im Hinterkopf haben:
Hashimoto Thyreoiditis ist eine von zwei bekannten Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse. Die Schilddrüse ist eine walnussgroße Drüse direkt unter dem Kehlkopf und produziert wichtige Stoffwechselhormone. Diese Stoffwechselhormone fehlen den Betroffenen bei Hashimoto – und damit auch Energie, Antrieb, Lebensfreude und eine anständige Wärmeregulation im Körper.
Bei einer Autoimmunerkrankung kommt es zu einer Fehlleitung des Immunsystems: Normalerweise sollen Immunzellen Krankheitserreger ausfindig machen und zerstören, sowie tote Zellen aus dem Körper räumen. Bei einer Autoimmunerkrankung greifen Immunzellen nun gesunde körpereigene Zellen an, beschädigen und zerstören diese. Der Angriff richtet sich dabei immer auf ein bestimmtes Gewebe oder Organ.
Bei Hashimoto kommt es zum Angriff auf Schilddrüsenzellen durch das Immunsystem. Die Schilddrüse wird dadurch massiv beschädigt und teilweise ganz zerstört (in späten Phasen). Es kommt zu einer massiven Schilddrüsenunterfunktion, die gelegentliche von Schüben einer Schilddrüsenüberfunktion unterbrochen wird:
Dies ist der Fall, wenn sich kleine Stückchen der Schilddrüse ganz lösen, im Blutkreislauf landen und sich die dort gespeicherten Schilddrüsenhormone ins Blut ergießen.
Die für eine Schilddrüsenunterfunktion und -überfunktion charakteristischen Symptome können Sie hier (Hashimoto Symptome) nachlesen. Kommen wir nun zur Diagnose:
Wer stellt die Hashimoto Diagnose?
Grundsätzlich ist es wichtig zu wissen, dass die meisten Fälle von Hashimoto nicht diagnostiziert werden. Das liegt an der Vielfalt der Symptome, die individuell unterschiedlich ausfallen können. Weil die Neuerkrankungsrate bei Frauen ab 35 am höchsten ist, werden sie oft als Wechseljahresbeschwerden abgestempelt und vom Arzt wieder nach Hause geschickt.
Das Ganze geht dann mehrere Jahre so, die Symptome bleiben oder werden stärker, und kein Arzt will so recht helfen.
Irgendwann fühlen sich die Betroffenen eher reif für die Gummizelle und glauben nicht mehr, dass irgendjemand ihnen sagen kann, was nun das Problem ist.
Die Hashimoto Symptome sind schließlich nicht eingebildet und die Betroffenen merken, dass irgendwas nicht stimmt.
In jedem Fall sollten Sie auf eine Untersuchung bestehen und sich nicht einfach mit Wechseljahresbeschwerden oder Hypochonder abstempeln lassen. Hashimoto ist eine weit verbreitete Krankheit in unserer Gesellschaft, an der etwa so viele Menschen leiden wie an Diabetes (Diabetes Typ 1 und 2). Leider werden die meisten Fälle aber nicht diagnostiziert. Auch ist das Wissen über Hashimoto bei vielen Ärzten nicht so präsent, wie es sein sollte.
In diesem Fall ist selbständige Weiterbildung (wie durch das Lesen dieses Artikels) der beste Weg zum Ziel.
Wenn Sie Hashimoto bei sich vermuten, suchen Sie einen Hausarzt, Endokrinologen oder Internisten auf. Diese haben das notwendige Wissen und die Geräte, um Hashimoto diagnostizieren zu können.
Wie läuft die Hashimoto Diagnose in etwa ab?
Hashimoto Diagnose – drei Stufen
Um ausgehend von den Symptomen und einem Arzt-Termin der Hashimoto Diagnose näher zu kommen, gibt es beim Arzt drei Stufen:
Anamnese, Blutbild und weitergehende Methoden.
Fangen wir an bei der Anamnese:
1.) Anamnese: Das Patienten-Gespräch
Ein guter Arzt nimmt sich mehr als nur fünf Minuten Zeit für den Patienten und hört sich die Probleme des Patienten gut an. Hilfreich dazu ist auch ein Tagebuch, in dem Sie die Hashimoto Symptome, die Schwere der Symptome und die jeweiligen Tage eingezeichnet haben. Darauf können sich viele Ärzte eher einlassen als auf Fallberichte.
Berichten Sie dem Arzt von den Symptomen und bleiben Sie dabei ganz ruhig. Auch wenn Sie schon längere Zeit auf der Suche nach der richtigen Diagnose sind, ihr Arzt muss sich Ihre Probleme in Ruhe anhören.
Berichten Sie, falls vorhanden, von den Symptomen der Schilddrüsenüberfunktion und -unterfunktion.
Vermutet auch der Arzt Hashimoto oder Probleme an der Schilddrüse, wird er zu Stufe zwei übergehen:
2.) Blut, Blutbild und Antikörper – immunologische Untersuchungen
Nun folgt die Blutabnahme und das Messen einiger typischer Schilddrüsenhormone und für Hashimoto charakteristische Antikörper.
Antikörper sind Abwehrproteine des Immunsystems und erkennen ganz spezifisch einen bestimmten Feind. Normalerweise ist dieser Feind eine tote Zelle, ein Virus oder ein Bakterium. Antikörper binden daran, Immunzellen werden angelockt und fressen den Feind. Bei Autoimmunerkrankungen sind sogenannte Autoantikörper, also Antikörper gegen körpereigene gesunde Zellen, nachweisbar.
Außerdem sollten mehrere Schilddrüsenhormone gemessen werden, nicht nur TSH. TSH alleine reicht nicht aus, um Hashimoto Thyreoiditis festzustellen. Sagen Sie das Ihrem Arzt und bestehen Sie darauf, alle der nun folgenden Hormone und Antikörper messen zu lassen.
Falls die Krankenkasse das nicht übernimmt, Sie sich jedoch sicher sind, dass Hashimoto vorliegen könnte, dann können Sie die Untersuchung auch aus eigener Tasche bezahlen.
In jedem Fall sollte nicht nur TSH gemessen werden – lassen Sie mich zu TSH noch einen Satz sagen:
Bei einem TSH Wert von > 2 spricht man bereits von einer Schilddrüsenunterfunktion. Jedoch werden in vielen medizinischen Kreisen TSH-Werte von 2-4 noch als normal angesehen und erst TSH-Werte von >4 als eine Unterfunktion der Schilddrüse. Jedoch ist auch ein TSH Wert von >2 bereits eine Unterfunktion und ein Zeichen dafür, dass der Schilddrüse etwas fehlt, um anständig Hormone zu bilden.
So, das musste gesagt werden! Was nun folgt, ist eine Blutuntersuchung der folgenden Werte. Lassen Sie diese messen und erfahren Sie, ob sich die Werte im Normbereich aufhalten:
Tabelle: Zu messende Laborwerte (linke Spalte) mit Referenzwerten (rechte Spalte).
Schilddrüsenwert | Referenzwert (Blutserum) |
TSH-basal | 0,27 – 4,2 lU/l |
freies T3 (fT3) | 3 – 3,5 pg/ml |
freies T4 (fT4) | 0,9 – 1,8 pg/ml |
Inaktives T3 (rT3) | 90-360 pg/ml |
TPO-Antikörper
(TPO-AK, MAK) |
<35 lU/ml |
TG-Antikörper (TAK) | <100 U/ml |
TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK) | <1 |
Für Hashimoto charakteristisch ist nun eine Erhöhung von TSH und rT3, eine Erniedrigung von fT4 und fT3, sowie das Vorhandensein von schilddrüsenspezifischen Antikörpern. An dieser Stelle, besonders beim Vorhandensein von Antikörpern, ist zu 90% klar, ob Hashimoto vorliegt oder nicht. Eine Diagnose ohne charakteristische Antikörper (seronegativ) kommt nur selten vor.
Um sich absolut sicher zu sein, werden abschließend noch weiterführende Methoden angewandt, beziehungsweise eine davon:
3.) Weiterführende Methoden zur Untersuchung der Schilddrüse
Mit diesen Methoden kann Größe und Funktion der Schilddrüse weiter untersucht werden:
Ultraschall/Sonogramm: Größe, Form und Festigkeit der Schilddrüse werden gemessen. Für Hashimoto ist eine deutlich nachlassende Dichte charakteristisch sowie eine Durchlöcherung der Schilddrüse (wie von einen Holzwurm).
Feinnadelbiopsie: Der Arzt kann eine kleine Gewebeprobe der Schilddrüse entnehmen und diese auf eine Immunreaktion untersuchen.
Szintigraphie: Diese wird eventuell zur Aktivitätsmessung und lokalen Bestimmung von Dysbalancen vorgenommen. Dabei nimmt der Betroffene eine radioaktive Jodlösung ein, durch die später in einem graphischen Verfahren die Aktivität bestimmter Regionen der Schilddrüse sichtbar gemacht werden.
So genannte heiße und kalte Knoten (und Tumore) sind damit sichtbar, also Regionen mit höherer (heiß) oder geringerer (kalt) Aktivität.
Mit den in Stufe 2 und 3 genannten Methoden ist eine Hashimoto Diagnose einwandfrei möglich. In 90 % der Fälle ist ein Blutbild (erhöhte Antikörperwerte, erhöhtes TSH, erniedrigtes fT4 und fT3) ausreichend. Eine Ultraschalluntersuchung, Szintigraphie oder Biopsie beseitigen etwaige Zweifel.
Diagnose Hashimoto – Was nun?
Wird wirklich die Hashimoto Diagnose festgestellt, treten gemischte Gefühle bei den Betroffenen ein: Erleichterung, weil die jahrelange Odyssee durch verschiedenste Arztpraxen und Abweisungen endlich ein Ende hat.
Aber auch ein Schock – Hashimoto ist schließlich eine chronische und lebenslange Autoimmunerkrankung! Sie kann einschneidend in der Lebensqualität sein und es muss mit einer lebenslangen Einnahme von Medikamenten (s. Hashimoto Behandlung) gerechnet werden.
Es geht also ein Weg nach vorne und ein Weg zurück.
Es ist jetzt jedoch nicht der richtige Zeitpunkt, um den Kopf in den Sand zu stecken, im Gegenteil: Auch nach der Hashimoto Diagnose haben Sie noch viel selbst im Griff. Oberste Priorität sollte zuerst sein, die Ihnen verschriebenen Medikamente einzunehmen. Diese sorgen dafür, dass die Schilddrüse ein wenig unterstützt wird und die Entzündung nachlässt.
Schlagen die Medikamente an, dann ist es oberste Priorität, durch eine gesunde Ernährung und Lebensführung die Schilddrüse zu entlasten, den Stoffwechsel wieder anzukurbeln und die Entzündung zu beseitigen. So kann die Einnahme von Medikamenten schrittweise reduziert werden. Das Ziel am Ende sollte Remission sein, also ein komplettes Abklingen der Symptome sowie eine Reduktion der Medikament-Dosierungen.
Und wissen Sie was? Das ist möglich. Wie genau, erfahren Sie in weiteren Artikeln.
Zunächst ist es jedoch wichtig, sich auf eine gute Therapie einzulassen. Erst dann folgen die richtigen Ratschläge zur Lebensführung und zur besten Hashimoto Ernährung.
Weitere Ratschläge und Vorgehensweisen zur Behandlung können Sie hier (Hashimoto Behandlung) nachlesen.
Für einen ausführlichen Überblick über Hashimoto sowie Symptome, Ursachen, Therapie, Jod bei Hashimoto, Hashimoto Ursachen, Lebensführung und Hashimoto Ernährung, lesen sie hier (Hashimoto Thyreoiditis). Oder hier (Was ist Hashimoto?), wenn Sie Zeitdruck haben.
Fazit – Hashimoto Diagnose mit den richtigen Methoden
Mit den hier aufgezeigten Mitteln ist es möglich, Hashimoto einwandfrei zu diagnostizieren.
Sind Sie sich aufgrund der Symptome sicher, dass Hashimoto bei Ihnen vorliegen könnte, bestehen Sie auf eine Behandlung durch einen Arzt! Lassen sich nicht von Wechseljahresbeschwerden oder anderem abspeisen.
Bestehen Sie außerdem auf einem ausführlichen Bluttest, der nicht nur TSH misst, sondern auch wichtige Schilddrüsenhormone und Antikörper.
Sollte die Hashimoto Diagnose bei Ihnen tatsächlich gestellt werden, ist das kein Grund zur Panik! Mit einer anständigen schulmedizinischen Therapie und einer gesunden Lebensführung ist es möglich, trotz Hashimoto ein normales Leben zu führen, ohne Einschränkungen.
Hashimoto ist auch kein Urteil für eine lebenslange Erkrankung. Mit den richtigen Methoden ist ein Abklingen der Symptome und eine teilweise Regeneration der Schilddrüse möglich.
Damit es so weit kommen kann, muss zunächst die Autoimmunreaktion an der Schilddrüse und die Entzündungen im Körper möglichst weit gestoppt werden. Daher ist die Hashimoto Behandlung so wichtig.
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Weiterführende Literatur:
- Izabelle Wentz: Hashimoto im Griff: Endlich beschwerdefrei mit der richtigen Behandlung, VAK; Auflage: 3 (15. Dezember 2015)
- Dr. Datis Karrazian: Schilddrüsenunterfunktion und Hashimoto anders behandeln: Wenn Sie sich trotz normaler Blutwerte schlecht fühlen. Die 22 Muster der Schilddrüsenunterfunktion, VAK; Auflage: 7 (17. März 2016)
- Sarah Ballantyne: Die Paläo-Therapie: Stoppen Sie Autoimmunerkrankungen mit der richtigen Ernährung und werden Sie wieder gesund. Riva (16. Dezember 2015)
- Mickey Trescott: Das Autoimmun Paleo-Kochbuch: Das erfolgreiche Protokoll bei Allergien, Hashimoto, Zöliakie und weiteren chronischen Krankheiten. Unimedica ein Imprint der Narayana Verlag; Auflage: 1 (14. Oktober 2016)
- Kyra Hoffmann & Sascha Kaufmann: Jod – Schlüssel zur Gesundheit Systemed Verlag GmbH; Auflage: 3 (19. Juni 2017)
- [1] Amino, Nobuyuki (1988): Autoimmunity and hypothyroidism. In: Hypothyroidism and Goitre 2 (3), S. 591–617. DOI: 10.1016/S0950-351X(88)80055-7.
- [2] Reiners, Christoph; Wegscheider, Karl; Schicha, Harald; Theissen, Peter; Vaupel, Renate; Wrbitzky, Renate; Schumm-Draeger, Petra-Maria (2004): Prevalence of thyroid disorders in the working population of Germany: ultrasonography screening in 96,278 unselected employees. In: Thyroid : official journal of the American Thyroid Association 14 (11), S. 926–932. DOI: 10.1089/thy.2004.14.926.
- [3] https://eliph.klinikum.uni-heidelberg.de/texte_s/613/hashimoto-thyreoiditis
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Bildquelle: Depositphotos © alexraths