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Luftverschmutzung fördert Nahrungsmittelallergien bei Kindern

Geschrieben von:

Kornelia C. Rebel

Medizinisch überprüft von:

Saskia Bauhausen

Inhaltsüberblick

Zuletzt aktualisiert am 20. Januar 2023 um 16:19

Auch Hautkontakt Auslöser von Lebensmittelallergien?

In unserer hochindustrialisierten und urbanisierten Welt nimmt die Zahl der Menschen mit Lebensmittelallergien ständig zu. Ein möglicher Grund dafür, so die neue Studie, könnte die Luftverschmutzung sein. Nahrungsmittelallergien werden als „eine spezifische Immunantwort auf bestimmte Nahrungsmittel“ definiert und betreffen schätzungsweise 10 Prozent aller Menschen weltweit. Bei Kindern ist dieser Anteil noch höher.

Im Extremfall können diese Allergien eine lebensbedrohliche anaphylaktische Reaktion auf das betreffende Lebensmittel hervorrufen, die oft innerhalb von Sekunden oder Minuten auftritt. Nahrungsmittelallergien sind verantwortlich für viele medizinische Notfallbesuche und hohe Kosten.

Belastung für Betroffene und Gesellschaft

Außerdem schränken sie das soziale Beisammensein der Betroffenen stark ein. Dies kann zu sozialer Isolation, Mobbing und Depressionen führen. Nahrungsmittelallergien stellen deshalb nicht nur ein Gesundheitsrisiko dar. Sie sind auch eine emotionale Herausforderung und eine finanzielle Belastung für den Patienten und die Gesellschaft insgesamt.

Bei Allergien wie Asthma, allergische Rhinitis und Ekzemen erfolgt die allergische Reaktion in der Regel aufgrund von Stoffen, die über die Haut und die Atemwege in den Körper gelangen. Lebensmittelallergien dagegen entstehen meist durch den Kontakt mit Allergenen im Darm. Wissenschaftler überdenken diese Hypothese derzeit jedoch angesichts von Hinweisen, dass Hautkontakt ebenfalls zu einer Sensibilisierung des Immunsystems gegenüber Lebensmittelallergenen führen kann. Das wird als „Darm-Haut-Dual-Expositions-Hypothese“ bezeichnet.

Aufnahme von Allergenen über Darm, Haut und Atemwege?

Luftverschmutzung spielt eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung von Allergien. Aber über ihre Rolle bei Nahrungsmittelallergien war bisher wenig bekannt. Die aktuelle Studie befasste sich deshalb damit, etwaige Zusammenhänge zwischen der Exposition gegenüber Luftverschmutzung und dem jüngsten raschen Anstieg der Häufigkeit von Lebensmittelallergien in China zu identifizieren. Dies würde die Expositions-Hypothese einer Nahrungsmittelsensibilisierung unter Einschluss von Darm-, Haut- und Atemwegs-Exposition stützen. Die Arbeit wurde im Wissenschaftsmagazin Environmental Research veröffentlicht.

Die Studie wurde an einer Kohorte von Kindern durchgeführt, die zwischen September 2011 und Januar 2012 am Projekt „China-Child-Family-Health (CCHH)“ teilnahmen. Die Forscher befragten Kinder zu Lebensmittelallergien, Wohnumgebung und Lebensstil. Über 2.500 Kinder aus 36 Kindergärten im Alter zwischen 3 und 6 Jahren nahmen teil; ihre Eltern beantworteten die Fragebögen.

Tägliche Exposition von Luftschadstoffen geschätzt

Die Prävalenz von Lebensmittelallergien im Laufe des Lebens des Kindes wurde anhand des Formulars „International Study of Asthma and Allergies in Childhood“ (ISAAC) abgefragt, basierend auf dem Auftreten von Ekzemen, Nesselsucht, Schwellungen der Lippen oder Augen oder Durchfall nach dem Verzehr eines bestimmten Lebensmittels.

Die Außenluftverschmutzung wurde in Form von drei Schadstoffen gemessen, nämlich Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub mit einem Durchmesser von ≤10 μm (PM10). Die durchschnittliche Schadstoffkonzentration pro Tag wurde verwendet, um die tägliche Exposition für jedes Kind in Abhängigkeit von der Entfernung des Kindes von der Mess-Station abzuschätzen.

Exposition vor und nach der Geburt geprüft

Darüber hinaus wurde die Luftverschmutzung in Innenräumen durch das Vorhandensein neuer Möbel, Renovierung, Schimmel oder Feuchtigkeit und Kondensation an Fenstern dargestellt. Die beiden letzteren stellen die Angemessenheit der Belüftung dar, und die ersten beiden sind bedeutende Quellen von Luftschadstoffen.

Pränatale Exposition wurde definiert als während der Schwangerschaft und postnatal vom ersten postnatalen Monat bis zum letzten Monat vor der Fragebogenabgabe. Die Forscher schlossen demografische Variablen aus, die die Ergebnisse verfälschen könnten, und andere Faktoren, wie zum Beispiel, ob der Haushalt Hunde oder Raucher hatte.

3- bis 4-Jährige besonders gefährdet

Bei der Analyse der Daten zeigte sich, dass etwa eines von siebten Kindern eine Lebensmittelallergie hatte, mit einem erhöhten Risiko bei Jungen und Kindern, deren Eltern Allergien hatten. Wenn das Haus selten gereinigt wurde, war das Risiko ebenfalls erhöht. Das Risiko war in der Altersgruppe der 3-4-Jährigen im Vergleich zu den 5-6-Jährigen am höchsten.

Das Risiko von Nahrungsmittelallergien war ebenfalls bei Kindern mit pränataler Exposition größer, z. B. wenn sich ihre Eltern während der Schwangerschaft für eine Renovierung des Hauses und neue Möbel entschieden oder wenn das Haus schlecht belüftet war.

Schimmel in der Wohnung besonders schädlich

Als besonders schädlich stellte sich ein feuchtes Wohnumfeld mit Schimmel heraus. Wenn Schwangere in feuchten Räumen mit Schimmel lebten, waren die Nachkommen doppelt so stark gefährdet für Nahrungsmittelallergien wie normale Kinder. Wenn das Baby Dämpfe von neuen Möbeln einatmete oder in einem schlecht belüfteten Haus lebte, nahmen Nahrungsmittelallergien ebenfalls um 50 % bzw. 40 % zu.

Auch die Luftverschmutzung im Freien wurde mit Lebensmittelallergien in der Kindheit in Verbindung gebracht. Beispielsweise erhöhte NO2, das die Luftverschmutzung durch starken Verkehr widerspiegelt, das Risiko von Lebensmittelallergien um 25 % und 38 % – je nachdem, ob die Exposition vor oder nach der Geburt erfolgte. In ähnlicher Weise wurden Feinstaub und Schwefeldioxid mit einem Anstieg des Risikos von Nahrungsmittelallergien in der Kindheit nach postnataler Exposition um etwa 40 % bzw. 30 % in Verbindung gebracht.

Propylenglykol und Glykolether (PGEs) werden häufig von neuen Möbeln emittiert. Die Exposition gegenüber diesen Substanzen im Schlafzimmer erhöhte das Risiko, dass das Kind Anzeichen einer Überempfindlichkeit zeigt, um 80 %.

Fatale Auswirkungen von Luftverschmutzung

Besonders stark ist offensichtlich die Verbindung von Luftverschmutzung mit Lebensmittelallergien im Kindesalter zwischen 3 und 4 Jahren. Die Studie liefert zudem einige Beweise dafür, dass Nahrungsmittelallergien durch Exposition der Atemwege entstehen können. Die Studienautoren weisen darauf hin, dass die rasante Zunahme von Nahrungsmittelallergien bei Kindern in China mit der Entwicklung der letzten Jahrzehnte zusammenhängt.

In China führte die wirtschaftliche Entwicklung zu einer massiven Abwanderung vom Land in die Städte, verbunden mit einer enormen Zunahme der Luftverschmutzung. Experten vermuten, dass Lebensmittelallergien in naher Zukunft weiter zunehmen werden, insbesondere in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.

Quelle:

Zhang X, Lu C, Li Y, Norbäck D, Murthy P, Sram RJ, Deng Q. Early-life exposure to air pollution associated with food allergy in children: Implications for ‚one allergy‘ concept. Environ Res. 2023 Jan 1;216(Pt 3):114713. doi: 10.1016/j.envres.2022.114713. Epub 2022 Nov 5. PMID: 36347392. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36347392/)

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