Zuletzt aktualisiert am 24. November 2022 um 15:47
Industrie beeinträchtigt Jagen, Fischen und Sammeln
First Nations beschreibt indigene Bevölkerungsgruppen, die in Reservaten in Kanada leben und keine Métis oder Inuit sind. In ganz Kanada gibt es 643 First-Nations-Gemeinden mit einer Gesamtbevölkerung von etwa 510.000. Innerhalb der First Nations-Gemeinschaften hat traditionelles Essen einen immensen ernährungsphysiologischen, kulturellen und spirituellen Wert. Die Ergebnisse der aktuellen Studie sind spezifisch für die First Nations. Sie lassen aber allgemeine Rückschlüsse auf die Bedeutung von Ernährung zu.
Die First Nations Food, Nutrition, and Environment Study (FNFNES) ist die umfassendste Studie zu den Ernährungssystemen und der Gesundheit der First Nations, die jemals in Kanada durchgeführt wurde. Über einen Zeitraum von 10 Jahren beteiligten sich etwa 6.500 Menschen aus 92 First Nations daran. Sie bewerteten unter anderem Ernährungsqualität, Gesundheitszustand, Ernährungssicherheit, Trinkwasserqualität und Lebensmittelsicherheit.
Die FNFNES begann im Jahr 2008, nachdem die Versammlung der First Nations Bedenken hinsichtlich Verunreinigungen in der Lebensmittelversorgung aufgrund der Umweltzerstörung geäußert hatte. Laut den Autoren der Studie wurden Angehörige der First Nations zuvor von Kanadas Studien über Gesundheit und Ernährung ausgeschlossen oder nur mit sehr niedrigen Zahlen beteiligt.
Mithilfe einer gemeinschaftsbasierten partizipativen Forschungsmethodik arbeiteten Wissenschaftler, akademische Institutionen und Gemeinschaftsforscher von First Nations jetzt zusammen, um Daten zu sammeln und Entscheidungen zu treffen.
Dr. Malek Batal, ein Autor des FNFNES, sagte: „Als Forscher müssen wir eine Bestandsaufnahme der kolonialistischen Geschichte machen. Diese Studie… war eine der ersten, die auf diese Weise funktionierte.“
Laut Dr. Batal zeigt die Studie, dass traditionelle Lebensmittel gesund und größtenteils sicher sind. Allerdings müsse an der Sicherheit der Versorgung und der Qualität gearbeitet werden. Das Problem sei nicht Ernährungsberatung, sondern der Zugang zu traditionellen Lebensmitteln.
Seit Jahrtausenden haben die First Nations Nahrung durch Jagen, Fischen und Sammeln gewonnen. Das Ernten traditioneller Nahrungsmittel trägt nicht nur zur Ernährung der First Nations bei, sondern verbessert auch das Wohlbefinden und die körperliche Fitness der Gemeindemitglieder.
Klimawandel, Kolonialpolitik und Aktivitäten wie industrieller Bergbau, Forstwirtschaft und zerstörerische landwirtschaftliche Praktiken bedrohen jedoch diese traditionellen Ernährungssysteme. Laut FNFNES berichten mehr als die Hälfte aller Erwachsenen, dass sie deshalb keinen Zugang zu traditionellen Lebensmitteln haben.
Fast die Hälfte der Mitglieder der First Nations sind von Ernährungsunsicherheit betroffen, verglichen mit 12 Prozent der kanadischen Bevölkerung. Diese hohe Unsicherheit ist auf die Kolonialpolitik zurückzuführen, die die Verfügbarkeit, Qualität und Sicherheit traditioneller Lebensmittel einschränkt. Infolgedessen kaufen die Mitglieder der First Nations immer mehr Lebensmittel in Supermärkten.
Diese haben jedoch oft einen geringen Nährstoffgehalt und/oder sind stark verarbeitet. Dies hat zu einem unverhältnismäßig hohen Anteil an ernährungsbedingten chronischen Krankheiten wie Herzkrankheiten, Anämie, Fettleibigkeit, Krebs und Diabetes geführt.
Die Bevölkerung der Ureinwohner leidet doppelt so häufig an Diabetes wie die kanadische Bevölkerung. Die Studie bringt das mit der Exposition gegenüber Schadstoffen in Verbindung, die hauptsächlich in Fischen vorkommen. Darüber hinaus sind 74 Prozent der Erwachsenen der First Nations fettleibig, verglichen mit 60 Prozent der Gesamtbevölkerung in Kanada.
Die Studie stellte fest, dass große Raubfische in den Territorien der First Nations einen hohen Quecksilbergehalt aufweisen. In Proben von Säugetieren und Vögeln ließen sich erhöhte Bleiwerte feststellen. Dies ist besonders für Frauen im gebärfähigen Alter besorgniserregend, da diese Schadstoffe den sich entwickelnden Babys im Mutterleib schaden können.
Laut der Studie wird auch die Trinkwasserqualität in 30 Prozent der Haushalte durch einen hohen Gehalt an Metallen beeinträchtigt. Das unterstreiche den Bedarf an verbesserten Wasseraufbereitungssystemen.
Die Forscher hoffen, dass die FNFNES den Ureinwohnern und politischen Entscheidungsträgern die Daten zur Verfügung stellen wird, die sie benötigen, um sich für mehr Ernährungssouveränität und Umweltschutz einzusetzen. Nach Angaben der University of Ottawa verwenden einige Gemeinden die Daten bereits, um Programme zu entwickeln, die sich mit der Ernährungsunsicherheit und der Kontamination traditioneller Lebensmittel befassen.
Quelle:
First Nations Food, Nutrition and Environment Study. (http://www.fnfnes.ca/docs/CRA/FNFNES_Final_Key_Findings_and_Recommendations_20_Oct_2021.pdf)