Darmwand und Lumen unterscheiden sich stark
Stuhlproben werden bei den verschiedensten Krankheiten für die Diagnose eingesetzt. Aber repräsentiert ihre Zusammensetzung tatsächlich die Situation im Dickdarm? Wir wissen heute, dass die Mikrobiota im Darm die Gesundheit auf vielfältige Weise beeinflusst. Sie hat sogar bei der Stimmung ein gewaltiges Wörtchen mitzureden.
Ein aus dem Gleichgewicht geratenes Mikrobiom, auch Darmflora genannt, spielt bei zahlreichen Darmerkrankungen eine wichtige Rolle, etwa bei Reizdarm, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. Da stellt sich die Frage: Verändert die Wartezeit außerhalb des Körpers bis zur fachgerechten Analyse die Bakterien und anderen Mikroben, die den Darm besiedeln?
Stuhl besteht bis zur Hälfte aus Mikroben
Wissenschaftler der University of Aberdeen in Großbritannien beschäftigten sich für eine neue Studie mit diesem Thema. Die Mikrobiota ist für zahlreiche Prozesse verantwortlich, die unsere Gesundheit unterstützen. Die Mikroben im Darm produzieren Vitamine und andere gesunde Substanzen wie kurzkettige Fettsäuren. Sie unterstützen das Immunsystem und regulieren die Stimmung. Menschen mit mentalen Störungen und fettleibige Personen haben eine stark veränderte Mikrobiota.
Um die Zusammensetzung der Darmflora zu beurteilen, werden in der Regel Stuhlproben verwendet. Experten schätzen, dass zwischen 30 und 55 % des Stuhls aus Bakterien bestehen. Mit verschiedenen Methoden, unter anderem DNA-Extraktion, kann die Komposition beurteilt werden. Hochdurchsatz-Sequenzierung wandelt die gesamte DNA einer Stuhlprobe heutzutage in digitale Daten um, die ein Computer analysiert.
Stuhlproben mit Biopsien verglichen
Aber repräsentiert die so erhaltende Zusammensetzung tatsächlich das Innenleben des Dickdarms? Um das herauszufinden, verglichen die Wissenschaftler die Ergebnisse von Stuhlproben mit Proben aus Rektalbiopsien.
Die Stuhlproben sammelten sie mit verschiedenen Techniken. Für homogenisierte Stuhlproben wurde der Kot gemischt, um sowohl Proben von der Innenseite als auch von den Außenkanten zu erhalten. Bei sogenannten kleinen Stuhlproben wurde dieser Prozess nicht durchgeführt. Das bei einer Biopsie entfernte Darmgewebe wurde gewaschen, um lose anhaftende Bakterien zu entfernen. Die Waschflüssigkeit wurde ebenso untersucht wie das Gewebe.
Bakterien graben sich tief in Schleim ein
Die Innenwände des Dickdarms sind mit Schleim beschichtet, der für einen reibungslosen Transport sorgt. Außerdem schützt er die Darmwand vor dem direkten Kontakt mit Bakterien und Stuhl. Einige Bakterien graben sich tief in diesen Schleim ein. Aber die meisten heften sich nur leicht an und werden normalerweise zusammen mit dem Kot ausgeschieden.
Insgesamt kamen sie zu dem Ergebnis, dass alle Stuhlproben und die Waschflüssigkeit eine ähnliche Zusammensetzung zeigten. Nur das Gewebe des Darms selbst wies ein stark unterschiedliches Profil von Mikroben auf.
Zusammengenommen zeichnen diese Ergebnisse ein Bild von zwei verschiedenen Bakteriengruppen im Darm:
- Eine Gruppe haftet fest an dem Schleim, der das Innere unseres Darms bedeckt, und gräbt sich fest ein, um nicht weggespült zu werden.
- Die andere Gruppe befindet sich eher im Lumen (dem inneren Bereich in der Mitte des Darms), ist nur lose mit dem Schleim verbunden und wird häufig in unserem Stuhl ausgeschieden.
Das bedeutet, Stuhlproben geben eine gute Übersicht über die Mikroben im Lumen. Allerdings zeigt die Studie auch, dass eine Stuhlprobe die Aktivitäten in der Darmschleimhaut nur ungenügend erfassen kann.
Verwendete Sequenzierung ungenau
Allerdings gibt es eine Einschränkung bei dieser Studie. Die Forscher verwendeten 16S-rRNA-Sequenzierung, um die Mikroben zu identifizieren. Diese Technik wird oft als „Barcoding“ bezeichnet. Sie verwendet eine bestimmte DNA-Sequenz, die in allen Bakterien vorhanden ist, aber Unterschiede zwischen den taxonomischen Gruppen aufweist. Damit kann man Bakterien preiswert identifizieren. Dummerweise ist diese Methode nicht sehr genau. Sie sagt nichts über die Bakterienarten aus, nur über die Familien der Bakterien.
Auf jeden Fall zeigt die Studie, dass es über die Mikrobiota der Darmwand offensichtlich noch viel zu entdecken gibt.
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Quelle:
Mukhopadhya I, Martin JC, Shaw S, McKinley AJ, Gratz SW, Scott KP. Comparison of microbial signatures between paired faecal and rectal biopsy samples from healthy volunteers using next-generation sequencing and culturomics. Microbiome. 2022 Oct 14;10(1):171. doi: 10.1186/s40168-022-01354-4. PMID: 36242064; PMCID: PMC9563177.