Zuletzt aktualisiert am 23. Februar 2023 um 22:36
Behandlungen beim Chiropraktiker können Bandscheibenoperationen überflüssig machen. Zu diesem Ergebnis kamen US-amerikanische Wissenschaftler in einer neuen Studie. Dafür untersuchten sie die Daten von 11.570 Patienten mit Rückenbeschwerden. Demnach führt chiropraktische Therapie dazu, dass innerhalb von 2 Jahren weniger Operationen an der Wirbelsäule notwendig werden.
Patienten mit Bandscheibenvorfall und Radikulopathie untersucht
Die neue Studie wurde von Wissenschaftlern der Universitätskliniken (UH) Connor Whole Health durchgeführt. Sie verfolgten Erwachsene, die Schmerzen im unteren Rücken hatten. Diese wurden entweder durch einen Bandscheibenvorfall oder durch eine Radikulopathie verursacht.
Das ist die Reizung einer Nervenwurzel, der Punkt, an dem ein Nervenstrang in das Rückenmark eintritt. Die dafür notwendigen Öffnungen in den einzelnen Wirbeln verkleinern sich oft mit zunehmendem Alter und drücken dann auf die Nervenwurzeln. Das kann neben Schmerzen auch Lähmungen und Taubheitsgefühle auslösen. Die Studie wurde im medizinischen Journal BMJ Open veröffentlicht.
Chiropraktische Manipulation der Wirbelsäule
Chiropraktik ist ein Gesundheitsberuf, der sich auf die Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates wie Rücken- und Nackenschmerzen konzentriert. Die häufigste Therapie, die Chiropraktiker anwenden, ist die Wirbelsäulenmanipulation. Sie umfasst eine Reihe von manuellen Behandlungen, die gezielt auf die Gelenke der Wirbelsäule einwirken.
Bekannt ist seit langem, dass sich die chiropraktische Wirbelsäulenmanipulation als wirksam bei der Behandlung von Rückenschmerzen erwiesen hat. Allerdings gab es bisher kaum Arbeiten, die untersuchen, ob diese Behandlung mit einer Verringerung der Wirbelsäulenoperationen verbunden ist.
Verschiedene Behandlungsmethoden verglichen
In dieser retrospektiven Kohortenstudie wählten die Autoren erwachsene Patienten im Alter von 18 bis 49 Jahren aus einem Netzwerk von 101 Millionen Patienten in den USA. Die Daten stammten vom Unternehmen TriNetX in Cambridge, Massachusetts. Diese Firma hat sich darauf spezialisiert, Daten von genau definierten Kohorten für wissenschaftliche Studien zur Verfügung zu stellen.
Für die Studie wählten die Wissenschaftler Daten aus den Jahren 2012 bis 2022 aus. Patienten mit schwerer Erkrankung oder dringender Indikationen für eine Operation wurden von der Studie ausgeschlossen. Die Forscher identifizierten 5.785 Patienten, die anfänglich eine chiropraktische spinale manipulative Therapie erhielten. Diese Daten verglichen sie mit der gleichen Anzahl von Patienten, die andere Formen der medizinischen Versorgung für ihre Rückenschmerzen erhielten.
Variable Faktoren berücksichtigt
Die Autoren verwendeten dabei eine statistische Technik namens Propensity Score Matching, um Variablen zu kontrollieren, die die Wahrscheinlichkeit beeinflussen könnten, dass sich Patienten einer Diskektomie unterziehen würden. Diskektomie ist die operative Entfernung eines Bandscheibenvorfalls.
Im Prozess der Analyse berücksichtigten sie bei Patienten in beiden Kohorten verschiedene Faktoren wie Alter, Geschlecht, Fettleibigkeit, Rauchen, frühere Injektionen und Einnahme von Medikamenten.
Aufgrund der Analyseergebnisse kamen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass chiropraktische Wirbelsäulenmanipulation Operationen vermeiden hilft. Patienten mit chiropraktischer Behandlung hatten innerhalb von 2 Jahren wesentlich weniger Operationen an der Wirbelsäule als Menschen, die eine herkömmliche Behandlung erhielten.
Statistisch signifikantes Ergebnis
Nach einem Jahr Follow-up hatten sich 1,5 % der Patienten in der Chiropraktik-Kohorte einer Diskektomie unterzogen, verglichen mit 2,2 % der Patienten in der Kohorte, die eine andere Behandlung erhielten. Nach zwei Jahren Follow-up hatten 1,9 % der Patienten in der Chiropraktik-Kohorte einer Diskektomie gehabt, verglichen mit 2,4 % der Patienten in der Kohorte mit herkömmlicher Behandlung.
Diese Studie baut auf früheren Arbeiten auf, die die Beziehung zwischen Chiropraktik und Chirurgie untersucht haben. Insbesondere untersuchten die Autoren eine spezifischere Population von Rückenschmerzen und ein spezifischeres Ergebnis der Diskektomie.
Erste Beobachtungsstudie dieser Art
Allerdings ist es die erste Studie, die untersucht, ob Chiropraktik mit einer Verringerung der Wahrscheinlichkeit einer Diskektomie verbunden ist. Diese Beobachtungsstudie verwendete Daten aus der realen Welt, um die verringerte Wahrscheinlichkeit einer Diskektomie nach einer chiropraktischen Behandlung zu belegen.
Der nächste Schritt ist, die gewonnenen Erkenntnisse mit einer randomisierten kontrollierten Studie zu belegen. Der Hauptautor der Studie, Robert J. Trager, ist Chiropraktiker am Connor Whole Health, Universitätskrankenhaus, wo er in erster Linie Patienten mit Rückenschmerzen betreut.
Quelle:
Trager, Robert & Daniels, Clinton & Perez, Jaime & Casselberry, Regina & Dusek, Jeffery. (2022). Association between chiropractic spinal manipulation and lumbar discectomy in adults with lumbar disc herniation and radiculopathy: retrospective cohort study using United States‘ data. BMJ Open. 12. 68262. 10.1136/bmjopen-2022-068262. (https://www.researchgate.net/publication/366353147)